Grundsätzlich begrüßt die Aids-Hilfe Saar e.V. Bemühungen, die sich auf eine höhere Akzeptanz von Kondomen in der Prostitution richten, die Einführung einer Kondompflicht für Prostituierte und deren Kunden sehen wir unter präventiven Gesichtspunkten jedoch kritisch.
Selbstverständlich unterstützen und bewerben die Fachberatungsstellen die Benutzung von Kondomen zum Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen. Auch berichten Prostituierte zunehmend über den Verfall von Arbeitsstandards und die mangelnde Akzeptanz von Kondomen bei ihren Kunden. Allein die Kondompflicht einzuführen wird hier keine Abhilfe schaffen und die Nachfrage nach ungeschützten Sexualpraktiken nicht verringern oder gar verhindern.
Überall dort wo es kein Bewußtsein für die Risiken ungeschützten Geschlechtsverkehrs im Hinblick auf sexuell übertragbare Erkrankungen gibt wird die Kondompflicht ihre unterstellte Wirksamkeit im Hinblick auf die Reduzierung sexueller Erkrankungen nicht entfalten können.
Weitaus wirkungsvoller und nachhaltiger als die Einführung einer Kondompflicht in der Prostitution ist aus unserer Sicht eine vernünftige, in tragfähige Präventionskonzepte eingebundene Werbung für Kondome und Safer Sex.
Darüber hinaus zielen Präventionskonzepte im Bereich der Prostitution auch darauf ab “Safer-Work-Strategien“ zu etablieren und die Handlungskompetenz der Prostituierten in der Begegnung mit Freiern zu stärken. Denn letztendlich liegt es immer bei der Prostituierten die Kondombenutzung gegenüber dem Kunden durchzusetzen, da der Kunde trotz Kondompflicht ungeschützten Verkehr nachfragen wird. Fehlendes Gesundheitsbewußtsein und mangelnde Handlungskompetenz in der Begegnung mit dem Kunden aber werden dem entgegenwirken.
Wir geben zu bedenken, dass insbesondere die HIV-Prävention in Deutschland im europäischen Vergleich nur deshalb so erfolgreich ist, weil sie durch Aufklärung und Information eigenverantwortliches Handeln fördert. Hier gilt es aus unserer Sicht die bestehenden Einrichtungen in ihrer Arbeit zu unterstützen und deren Ressourcen zu stärken, um mit diesem Personenkreis erfolgreich präventiv arbeiten zu können.
Grundsätzlich muss aus Sicht der Aids-Hilfe Saar e.V. Prävention im Bereich der Prostitution auch auf die Freier abzielen, denn es sind die Freier, die Sex ohne Kondom fordern. Festzustellen bleibt, dass die Arbeit mit Freiern nur mit akzeptierender Grundhaltung möglich ist. Freier müssen entstigmatisiert werden und Freierbestrafung ist grundsätzlich kontraproduktiv im Hinblick auf die Erreichbarkeit dieser Zielgruppe für präventive Botschaften.
Es gilt im Rahmen von Freierarbeit für die Situation der Frauen zu sensibilisieren, ein Bewusstmachen der eigenen Verantwortung des Freiers zu fördern, Freier über HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Infektionen zu informieren und so ihr Gesundheitsbewusstsein zu steigern. In der praktischen Arbeit vor Ort müssen dafür zusätzliche Ressourcen für Freierarbeit bereit gestellt werden, denn das Engagement für Freierarbeit darf nicht zu Lasten der Präventionsarbeit mit Prostituierten gehen.